Luisa Scheu ist das Gesicht hinter der neuen Marke Luizzo und bietet wunderbare Möbel und Accessoires aus dem Material Terrazzo an. Da ich deartige Gründungsgeschichten immer wieder inspirierend finde, habe ich sie um ein Interview gebeten. Viel Spaß dabei!
Du hast Luizzo letztes Jahr gegründet. Erzähl doch etwas von dir und wie es dazu kam. Hattest du schon immer den Wunsch zu gründen?
Wie so viele Gründungsgeschichten entstand Luizzo aus der Suche nach einem Produkt, das es so noch nicht gab. Ich bin Anfang letzten Jahres nach Düsseldorf umgezogen und habe mich voll darauf fokussiert unsere neue Wohnung einzurichten – eine meiner großen Leidenschaften seit klein auf. Schon seit längerem hatte ich Terrazzo immer bewusster wahrgenommen und war ganz fasziniert von den endlosen Gestaltungsmöglichkeiten. Uns fehlte noch ein kleiner Beistelltisch im Wohnzimmer und ich dachte gleich, es wäre richtig cool ein Modell aus Terrazzo zu finden.
Ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung im Kopf, es sollte etwas massives sein, kein typisches Gestell mit Tischplatte. Gleich habe ich mich an den Laptop gesetzt und bin auf die Suche gegangen – vergebens.
Meine erste Idee war dann bei verschiedenen Steinmetzen im Umkreis anzufragen, wobei ich mir gleich dachte, dass so eine Maßanfertigung sehr teuer sein wird. Schnell stellte sich heraus, dass es in Deutschland wirklich kaum Steinmetze gibt, die sich mit Terrazzo auskennen. Ich erhielt 98% Absagen und einige wenige Angebote – viel zu teuer.
Während ich immer mehr über Terrazzo recherchierte reifte die Idee für Luizzo heran. Ich konnte doch nicht die einzige sein, die so verliebt in das Material ist.
Während meiner Recherche hatte ich das Glück einen Steinmetz in Düsseldorf kennenzulernen, der mir gleich seine Hilfe anbot. Er selbst hatte zwar auch noch nie mit Terrazzo gearbeitet, bat mir aber an, seine Werkstatt zu nutzen, um einige Selbstversuche zu starten. So verbrachte ich mehrere Wochen in der Werkstatt und baute mit seiner Hilfe die ersten Luizzo Prototypen. Der erste Tisch hat mich 26 Stunden reine Arbeitszeit gekostet – viel Schweiß, Tränen und Muskelkater. Es ist sehr schwierig die perfekte Terrazzo-Mischung hinzubekommen und natürlich verrät kein guter Terrazzieri sein Geheimrezept. Außerdem ist der Schleifprozess von Hand sehr aufwendig und kräftezehrend. Meine Wertschätzung für jegliche Art von Handwerk ist in dieser Zeit nochmal enorm gestiegen.
Nach einiger Zeit in der Werkstatt hatte ich ein relativ gutes Gefühl für das Material, Formen und Farben und habe mich dann auf die Suche nach einem geeigneten Produzenten in Italien gemacht. Dort liegt ganz klar der größte Erfahrungsschatz für Terrazzo und mir ist es extrem wichtig, dass alles in Europa unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wird. Ich habe Valentino und sein Team kennengelernt und Luizzo’s Reise konnte beginnen …
Was würdest du raten, sollte man in so einem Prozess beachten? Welche Schwierigkeiten siehst/sahst du dabei?
Einfach machen! Ich weiß, das klingt nicht besonders hilfreich, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es oft viel wertvoller ist, einfach mal loszulegen, anstatt alles bis ins letzte Detail zu planen und jedes mögliche Szenario bis in die Tiefe zu analysieren. Getreu dem Motto: better done than perfect! Natürlich sollte man dabei darauf achten, die Investition im Rahmen zu halten und besonders nicht gleich zu Beginn sehr hohe Fixkosten aufzubauen. Dann werden aber die besten Erfahrungen und Learnings sehr schnell kommen und man kann seine Unternehmungen dementsprechend anpassen.
Hast du in Vollzeit gegründet? Woher hast du den Mut genommen?
Die Idee für Luizzo entstand während der ersten Corona-Welle. Zu dem Zeitpunkt war ich noch bei einem Münchener Start-Up angestellt. Wie so viele im Frühjahr 2020 war auch unser Unternehmen komplett in Kurzarbeit – für mich bedeutete das sehr viel Zeit für meine Luizzo-Recherche. Ich habe die Krise als Chance gesehen und dachte mir – “Jetzt oder nie!”
Wieso Terrazzo als Material? Wieso aus Italien?
Luizzo ist durch die Begeisterung für das Material überhaupt erst entstanden. Ich war und bin absolut fasziniert davon und liebe den Kontrast aus Naturgegebenheiten und eigener Gestaltungsfreiheit.
Besonders aufgrund des hohen Erfahrungsschatzes ist es für mich gar keine Option woanders als in Italien zu produzieren. Zudem kommt auch der Marmor und Kalkstein, der für unsere Terrazzo Produkte verwendet wird aus Italien, wodurch die gesamte Wertschöpfung Sinn ergibt und Transportwege minimiert werden.
Was ist das Besondere an dem Material und dem Prozess der Herstellung?
Die größte Besonderheit an dem Material und wohl auch das, was mich persönlich am meisten fasziniert, ist, dass es unmöglich ist ein Terrazzo-Produkt exakt zu duplizieren. Das ist begründet durch die Verwendung von Naturstein und die willkürliche Anordnung der Marmorkiesel in der Zementmischung; in unserem Fall zusätzlich auch noch durch die Verarbeitung von Hand.
Terrazzo wird flüssig in Form gegossen und nach entsprechender Trockenzeit abgeschliffen.
Dadurch entsteht dann das finale Terrazzo-Muster. Ich selbst habe das Schleifen als den schönsten Teil der Arbeit empfunden (wenn auch gleichzeitig der anstrengendste), da es jedes Mal eine große Überraschung ist wie das Muster herauskommt.
Vollkommen unterschätzt habe ich zu Beginn den Formenbau, der viel mehr Zeit in Anspruch nimmt als gedacht und mit am entscheidendsten für ein gutes Endergebnis ist.
Terrazzo hat als Material ja wieder einen Trend ausgelöst. Glaubst du, dass sich dies hält und wenn ja, wieso? Könntest du dir auch vorstellen mit anderen Materialien zu arbeiten?
Terrazzo gibt es mittlerweile seit weit über 2000 Jahren, weshalb ich nicht glaube, dass es in den nächsten Jahren plötzlich komplett uninteressant wird. Klar wird es immer wieder Trendwellen geben, aber gerade weil es so unglaublich viele verschieden Arten und Gestaltungsmöglichkeiten von Terrazzo gibt, bin ich davon überzeugt, dass es dafür immer einen Markt geben wird.
Trotzdem würde ich nie ausschließen auch mit anderen Materialien zu arbeiten, vielleicht zunächst auch in Kombination mit Terrazzo. Meine Liebe und Faszination gilt aber auf jeden Fall jeder Art von Naturmaterial.
Entwickelst du das Design selber oder hast du Hilfe?
Ich designe alle Produkte selbst. Ich habe das nie professionell gelernt oder studiert und finde, dass es ganz wichtig ist, sich davon nicht einschüchtern zu lassen. Das musste ich zu Beginn auch erst lernen.
Was wünscht du dir für dich, das Unternehmen und die Produkte? Wie sieht deine Vision aus?
Ich wünsche mir und nehme es mir auch zur Mission, dass die Menschen mehr über Herstellungsverfahren, Löhne und faire Preise nachdenken und dass handgefertigte Produkte wieder an Wert gewinnen. Traurigerweise denke auch ich erst, seitdem ich gegründet habe, noch viel intensiver über die Preisstrukturen einzelner Produkte nach und frage mich oft, wie etwas überhaupt zu einem so niedrigen Preis verkauft werden kann.
Zudem möchte ich Produkte erschaffen, die sich vom Massenmarkt abheben, die zeitlos sind, aber gleichzeitig sehr außergewöhnlich.
Ich finde es schade, dass besonders beeinflusst durch Social Media, viel Individualität verloren geht und der eigene Stil teilweise von gehypten Produkten in den Hintergrund gedrängt wird.
Natürlich gibt es da auch viele Ausnahmen, aber wenn ich so durch meinen Feed scrolle, taucht da schon sehr oft der gleiche Esstischstuhl oder die gleiche Handtasche auf.
Gerade deshalb soll es in naher Zukunft unter ‘Luizzo Bespoke’ die Möglichkeit geben, Terrazzo Möbel nach Kundenwunsch anfertigen zu lassen. Einen großen Markt sehe ich hierfür auch im Retail Bereich, in der Gastronomie und Hotelbranche. Für diese Geschäftszweige halte ich Terrazzo als sehr geeignet, da es so robust ist und ganz individuelle Konzepte erschaffen werden können.
Im Zuge dessen kann ich mir langfristig auch vorstellen als Gesamtkonzept den Bereich der Einrichtungsberatung hinzuzunehmen – sowohl für Privat-, als auch für Geschäftskunden.
Wo kann man deine Produkte sehen/anfassen/kaufen?
Neben dem Vertrieb durch den eigenen Onlineshop arbeite ich mit ausgewählten Stores und Interior Designern zusammen, die meine Produkte vertreiben. Es ist mir sehr wichtig, dass für die Kunden Orte geschaffen werden, an denen Sie die Produkte live erleben können.
Momentan sind das die folgenden Stores und Showrooms:
ROOMS Design & Concept Store Hagener Straße 251 44229 Dortmund
Die Sellerie Burggasse 21/1 1070 Wien
Victor Breuer Prinz-Georg-Straße 114 40479 Düsseldorf
Spaces & Places Schönhauser Allee 55 10437 Berlin
thehomestory Ackerstraße 209 40235 Düsseldorf
Stadthaus Rosastraße 8 45130 Essen
Vielen Dank Luisa für dieses Interview und die Einblicke in dein Unternehmen!
Ihr findet Luizzo hier und hier
Werbung unbeauftragt.
One Comment
Frauke
29. Juni 2021 at 14:45Ein wirklich schönes und interessantes Interview. Ich mag Terrazzo. Und ich mag auch sehr die Tableaus von Luizzo. Meins habe ich zur Zeit im Bad stehen. Es erinnert mich immer an meine Kindheit. Meine Oma hatte in ihrer Küche einen Terrazzo-Fußboden. Voll schön.