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Das denkt man bei dir aber auch nicht – die Sache mit dem Selbst- und Fremdbild

Es wird mal wieder Zeit für ein paar persönliche Worte. Auslöser war ein lieb gemeinter Kommentar einer Bekannten. Jeder kennt das, manchmal rütteln einen Worte von Bekannten mehr auf und bringen einen zum Nachdenken, als Gespräche mit dem engsten Umfeld. Ist ja auch logisch – im Alltag verliert sich der Blick zwischen Selbst- und Fremdbild. Idealerweise stimmt das Selbstbild mit der Sicht des vertrauten Kreises auf Einen überein. Vielleicht ist es aber auch so, dass Freunde gewisse Aspekte nicht ansprechen oder nicht wahrnehmen. Whatever.

Wir sprachen also entspannt bei einem Kaffee und einer Zigarette über den Alltag. Fast beiläufig sagte ich, dass ich aktuell merke, dass mich aufgrund meiner privaten Situation alles etwas mehr als gewohnt anstrengt – ich habe kein emotionales Polster. Ich bin empfindsamer und empfindlicher für Dinge, die mich vor einiger Zeit null tangiert hätten. In meinem Kopf ist diese Aussage aber nicht verwunderlich. Das würde jedem so gehen in einer familiären Ausnahmesituation.
Meine Bekannte antwortete mit einem freundlichen Lächeln:
“Das denkt man bei dir aber auch nicht. Du lächelst und strahlst immer so freundlich.”

Im ersten Moment nahm ich das sogar als Ironie war, aber es war ernst gemeint. Natürlich schob auch sie den Zusatz nach, dass es ja logisch sei, dass es so ist, wie es ist, aber im Alltag davon nichts wirklich spürbar bzw. sichtbar ist.

Meine Standardantwort lautet dann ja immer: Was soll ich denn machen? Weinend auf dem Boden liegen? Das bringt niemanden etwas und mir schon gar nicht. Natürlich ist auch das überspitzt ausgedrückt und mir ist durchaus bewußt, dass es verschiedene Stufen gibt. Aber ich bin nun mal von der Konstitution ein fröhlicher, freundlicher und offener Mensch. Ich lasse meine Launen nicht an meinem Umfeld aus. Und ich ziehe extreme Grenzen – vielleicht schon Mauern, die das Fremdbild offensichtlich stark prägen. Ich will und kann das nicht bewerten. Jeder Mensch hat seine Strategie und Mechanismen mit Dingen umzugehen. Aber natürlich fragt man sich bei einer Außenansicht auf das eigene Ich: Bist du das? Was sagt das über dich aus?

Ein intelligenter Soziologe sagte einmal, alles besteht aus Kommunikation im Leben. Selbst wenn wir nicht kommunizieren, kommunizieren wir.

Somit muss ich wohl damit leben oder will es wahrscheinlich auch unterbewußt bezwecken, dass mich mein Umfeld so wahrnimmt. Dabei möchte ich manchmal auch einfach nur wie Grumpy Cat durch die Welt laufen, mich verkriechen und motzen. Das Leben strengt mich grad an – mehr als gewohnt. Punkt.

Warum ich das schreibe – weil es offensichtlich nicht nur in der digitalen Welt wichtig ist, dass eigene Fremdbild auf den Fit mit dem Selbstbild zu überprüfen. Ich bin der Meinung, dass ein extremes auseinander driften irgendwann über kurz oder lang ungesund wird. Der reflexive Prozess der dem inhärent ist, verselbstständigt sich. Ich glaube, dass das zu vielen Menschen nicht bewußt ist, bis sie innerlich zusammenbrechen. Und dabei denke ich noch nicht einmal an extreme Lebenssituationen. Wie ist es denn mit den “durchschnittlichen” Überfordernissen? Und ja, ich weiß. Wir leben in einer Gesellschaft, wo Überforderung als Schwäche ausgelegt wird und somit jeder versucht, seine Stärken zu spiegeln. Aber auch Unzufriedenheit mit einer Lebenssituation gehört nun mal zum Leben dazu. Sei es Job, Beziehung oder was auch immer. Spannenderweise habe ich den letzten Monaten so viele ehrliche Einblicke von meinem Umfeld erhalten, wie nie zuvor. Vielleicht ist es der Effekt: “Deine Situation ist bescheidender als Meine, also kann ich auch ehrlich sein, was meine Downsides angeht” Vielleicht hat das damit aber auch gar nichts zu tun. Keine Ahnung.

Um auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen. Ich plädiere inständig dafür, gar nicht unbedingt auf die Achtsamkeit seiner Umwelt zu beharren, sondern sich selbst einmal zu überlegen – was spiele ich eigentlich für eine Rolle? In welchem Kontext, zu welcher Zeit und in welcher Form? Und was passt davon eigentlich zu meinem Bild von mir Selbst?

So. Damit genug Gedanken an einem sonnigen Morgen – ich geh jetzt joggen 🙂

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